Janina Grzesina

English Version


Janina Grzesina gründete 2016 gemeinsam mit Wolfgang Haberl den Blog von guter Speise und konzentriert sich seitdem auf das buoch von guoter spîse aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Sie vereeint dabei ein genaues Erkunden der Rezepte mit der sinnlichen Umsetzung derselben in der historischen Küche. Das Ergebnis sind dabei Speisen, die sowohl für die Zuschauer des Kochens, wie auch für die Verköstigenden, die historische Kochkunst auf wunderbare Weise lebendig werden lässt.

– Wolfgang Haberl

 


buoch von guoter spîse

Entstanden in Würzburg um 1350, war es ein Teil des Hausbuches des Michael de Leone und ist das älteste bekannte Kochbuch in deutscher Sprache. Die Rezepte gliedern sich in zwei Teile, welche möglicherweise auf zwei verschiedene Quellen zurückzuführen sind.

Krapfen mit Apfel-Nuss-Füllung aus dem buoch von guoter spîse (um 1350)

Einen krapfen.
So du aber wilt einen vasten krapfen machen von nuezzen mit
ganzen kern, vnd nim als vil epfele dor under vnd snide sie wuerfeleht,
als der kern ist, vnd roest sie wol mit ein wenig honiges vnd
mengez mit wuertzen vnd tuo ez vf die bleter, die do gemaht sin zvo
krapfen. vnd loz ez backen vnd versaltz niht.

Das Buch von guter Speise (um 1350), ed. Hajek aus der Sammlung Monumenta Culinaria et Diaetetica Historica

Übersetzung

Einen Krapfen.

Wenn man einen Fasten-Krapfen mit ganzen Nüssen machen will, nimmt man genau soviel Äpfel und schneidet sie in Würfel, so groß wie die Nusskerne sind und röste sie mit etwas Honig und vermisch es mit Gewürzen und gibt das auf die Blätter, die man zu Krapfen macht. Und lass es backen und versalz es nicht.

Da im Rezept von Fasten-Krapfen die Rede ist, hab ich beim Rezept auf tierische Zutaten verzichtet (bis auf den genannten Honig ;))

 

Zutaten für 16 Krapfen
  • 1 – 2 Liter Pflanzenöl
für den Teig:
  • 250 g Wasser
  • 550 g   Mehl
  • 100 g Zucker
  • 50 g Pflanzenöl z. B. Distelöl
  • 1 Würfel Hefe
  • 1 Prise Salz
für die Füllung:
  • 32 Walnusshälften ~ 70 g
  • 1 Apfel
  • 50 g Honig
  • 1 TL Zimt
Hefeteig zubereiten:
  • Wasser erwärmen (So warm, dass man reinlangen kann; nicht zu heiß werden lassen!)
  • Mehl und Zucker in eine große Schüssel geben; 1 TL des Zuckers im warmen Wasser auflösen; Öl und Salz zum Mehl geben
  • Hefe in das warme Wasser rühren und das Hefewasser ca. 10 Minuten an einen warmen Ort stellen
  • Hefewasser zum Mehl geben und den Teig gut durchkneten
  • den Teig für ca. 1 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen
Füllung zubereiten:
  • Apfel schälen, Kernhaus entfernen und in 32 Stücke schneiden
  • Walnüsse in einer Pfanne vorsichtig anrösten
  • Apfelstücke und Honig dazugeben und leicht durchbraten
  • Zimt dazugeben und unterrühren
  • Füllung in einer Schüssel auskühlen lassen
Krapfen füllen:
  • Hefeteig nochmals durchkneten (wenn der Teig noch zu sehr pappt, Mehl unterkneten)
  • Teig durch Halbieren in 16 Stücke schneiden
  • die Teigstücke mit den Händen oder einem Rundholz zu kleinen Fladen („Blätter“) arbeiten
  • in jeden Krapfen 2 Apfelstücke und 2 Walnüsse geben und durch zusammenfalten verschließen; Krapfen mit der Verschlussseite nach unten auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche oder Brett ablegen und mit einem Tuch abdecken
  • in einer hochwandigen Pfanne (oder einem Kessel) das Öl vorsichtig erhitzen und nicht zu heiß werden lassen (Temperatur durch ein kleines Probe-Teigstück oder Holzstäbchen testen -> aufsteigen kleiner Bläschen)
  • die Krapfen am besten mit einem Schaumlöffel mit der Verschlussseite nach unten ins Fett setzen; Verschlussseite goldbraun werden lassen, dann den Krapfen umdrehen und auch die Oberseite goldbraun werden lassen
    Achtung: wenn das Fett zu heiß ist, verbrennt der Krapfen von außen, während der Kern zu wenig Temperatur abbekommt und roh bleibt! Ggf. platzen die Krapfen in zu heißen Fett auch auf und die Füllung fällt raus.
    Tipp: Damit das Fett im idealen Temperaturbereich bleibt, muss die Temperaturzufuhr entsprechend gehandhabt werden (am offenen Feuer nicht so leicht, wie am Herd ;-). Zum anderen können die Krapfen nach und nach ins Fett gesetzt, bzw. gedreht werden. Das fängt Temperaturspitzen des Fetts etwas ab.
  • fertige Krapfen z. B. mit einem Schaumlöffel aus dem Fett nehmen und abtropfen lassen; warm oder ausgekühlt servieren – NOM!

Quittenmus aus dem buoch von guoter spîse (um 1350)

Ein kuetenmus.
Wilt du machen ein kuetenmuos, so nim kueten, wie vil du wilt, vnd
suede sie gar schon. vnd nim denne einen moerser vnd stozze sie
dor inne clein vnd slahe sie durch ein tuoch. vnd nim eyer totern
dor zvo vnd suedez do mit. vnd tuo ein zucker druf vnd versaltz niht.

Das Buch von guter Speise (um 1350), ed. Hajek aus der Sammlung Monumenta Culinaria et Diaetetica Historica

Übersetzung

Ein Quittenmus

Wenn du ein Quittenmus machen willst, nimm Quitten so viel wie du willst und koche sie. Nimm einen Mörser und zerstoße sie darin klein und schlage sie durch ein Tuch. Und nehme Eidotter dazu und siede das damit. Und gib Zucker darauf und versalz es nicht.

 

Zutaten
  • 1,5 kg Quitten (ergibt geputzt ca. 1,1 kg)
  • 200 ml Wasser
  • 4 Eidotter (roh oder gekocht siehe Varianten unten im Rezept)
  • 20 g Zucker (oder mehr je nach Geschmack)
  • 1 Prise Salz
Quittenmus zubereiten:
  • Haare der Quitten entfernen; Quitten entkernen und schälen
    Tipp: ich hab die Quitten zum entkernen und schälen in kleinere Stücke geschnitten, dann geht das leichter: Quittenstücke nicht lange rumliegen lassen, da sie an der Luft braun werden
  • Quittenstücke mit Wasser für 30 – 40 Minuten kochen lassen, bis sich die Stücke leicht zerdrücken lassen
  • Quitten kleinmörsern oder anderweitig zermatschen (wenn modern, dann richtig! Hier mit dem Kartoffelpüreestampfer 😉 und durch ein Tuch (oder Sieb) streichen
    Die Quitten haben sich so schön zerstampfen lassen, dass das Passieren gar nicht mehr nötig war.

Da im Rezept nicht erwähnt ist, ob es sich bei den Eidottern um rohe oder gekochte handelt, habe ich beide Varianten ausprobiert.

Variante A: gekochte Eidotter
–        Eidotter in einem Mörser zerstoßen und mit etwas vom Quittenmus glatt zermahlen

–        Paste unters Quittenmus rühren (ggf. vorhandene Eigelbbröckchen so gut wie möglich zerschlagen)

–        Mus erhitzen

–        Zucker und Salz unterrühren

Tipp: je nach Geschmack und Säure der Quitten kann das Mus auch mehr Zucker vertragen

 

Variante B: rohe Eidotter
–        Eidotter ins warme Quittenmus unter zügigem Schlagen unterrühren (geht gut mit einem Quirl)

–        Mus erhitzen und dabei weiter rühren

–        Zucker und Salz unterrühren

Tipp: je nach Geschmack und Säure der Quitten kann das Mus auch mehr Zucker vertragen

 

 Variante A:
  • durch das gekochte Eigelb hat das Mus eine schöne gelbe Farbe bekommen und den glasig-wässrigen Charakter trotz des Eindickens behalten
  • leider blieben Eigelbbröckchen im Mus, die ich persönlich nicht so appetitlich finde. Da das Mus laut Rezept jetzt nicht mehr passiert wird, bleiben die als Eyecatcher halt auch drin.
  • Da beim Eindicken mit gekochtem Eigelb das Mus eigentlich nicht mehr aufgekocht werden müsste, passt die Variante A im ersten Blick auch nicht so ganz zur Beschreibung im Rezept, vorausgesetzt das Mus wird kalt serviert (durch den Prozess des Mörserns und Passierens ist das Mus inzwischen kalt!). Wenn man allerdings davon ausgeht, dass das Mus warm serviert werden soll, kann das Eindicken mit Eidotter unabhängig vom erneuten erhitzen betrachtet werden.
  • Geschmacklich finde ich diese Variante leckerer und fruchtiger als Variante B
Variante B:
  • das Eindicken mit rohem Eidotter hat dem Mus eine hellere Farbe und cremigere Konsistenz verliehen
  • der rohe Eidotter hat sich ins lauwarme Mus gut einrühren lassen. Durch das weitere Rühren beim Erhitzen haben sich keine Batzen gebildet.
  • So wie im Rezept beschrieben, ist nach dem Einrühren der rohen Eidotter das Erhitzen des Muses sinnvollerweise der nächste Schritt
  • unter den rauchfreien Bedingungen der modernen Küche fällt bei dieser Variante ein dezenter Ei-Geschmack auf, der dem Gesamtgeschmack aber nicht trübt

 

Beide Varianten schmecken super lecker zu den Krapfen!